Das PROJECT FLOORS-Gespräch zum Weltmännertag: Wie männlich kann Interior Design sein?
Interior Design ist auch Männersache. Die meisten glauben zwar nach wie vor, dass Konzept und Umsetzung der Inneneinrichtung meist der Frau zuzuordnen sind. Aber gilt das auch heute noch? Können sich nicht auch Männer kreativ austoben, wenn es um die Einrichtung geht? Wir wollten es genau wissen und haben zwei Experten gefragt, die es aus jahrelanger Erfahrung wissen müssen. Architektin Viki Kitzig, Geschäftsführerin von Kitzig Interior Design, und Innendesigner Marco Smith, Büroleiter des Innenarchitekturbüros formwaende, diskutieren am Weltmännertag über den Unterschied zwischen der männlichen und weiblichen Interior Design-Handschrift.
Frau Kitzig, Herr Smith, die klassischen Rollen zwischen Mann und Frau verschwimmen immer mehr. Wie sieht das in der Umsetzung des Interior Designs aus? Ist die Inneneinrichtung noch immer typisch „Frauensache“ oder haben auch die Männer einen entscheidenden Anteil daran, wie es in den eigenen vier Wänden aussieht?
Viki Kitzig: Das typische Klischeedenken bezieht die Sparte Innenarchitektur ganz klar auf die Frau. Allerdings lässt sich das, zumindest im professionellen Dienstleistungssektor, nicht verifizieren. Die geschäftsleitenden Köpfe klassischer Interior Design-Büros haben eine relativ ausgeglichene Frauen-Männer-Quote zu verzeichnen. Erfahrungsgemäß würde ich dennoch behaupten, dass Frauen in den häuslichen vier Wänden in Sachen Interior Design das letzte Wort haben und Männer sich diesbezüglich eher zurückhalten. Männer ziehen gewohnte Einrichtungsgegenstände Neuerungen vor. Eine sich ständig wechselnde Einrichtung oder variierende Raumzonierung wird als Mann eher weniger bevorzugt. Vielleicht spielt dabei auch die Angst vor Veränderung eine tragende Rolle.
Marco Smith: So wie ich unseren Beruf verstehe, war er zu keiner Zeit nur reine „Frauensache“. Abgesehen von der Frage, wie ein Raum aussieht, müssen wir immer auch betrachten, wie er funktioniert, wie er altert, was er mit uns macht und wie wir es schaffen, dass er für uns wertvoll wird. Das sind aus meiner Sicht alles Fragen, die nicht nur Frauen stellen.
Sie haben beide in Ihrer jahrelangen Arbeit mit Kunden viel gesehen und erlebt. Gibt es für Sie so etwas wie den typisch männlichen Einrichtungsstil? Oder würden Sie sagen, dass Design individuell ist und sich nicht auf Rollenklischees festlegt?
Viki Kitzig: Den typischen geschlechterspezifischen Einrichtungsstil gibt es definitiv. Sie können sofort erkennen, ob ein Haushalt von einer Frau oder einem Mann bewohnt wird. Bei Paaren suchen sich in der Regel die Partner unterschiedliche Gestaltungsbereiche. Meist stürzt sich der Mann eher auf die technische Ausstattung und die Frau sorgt tatsächlich, recht klischeehaft, für die Details. Im professionellen Bereich ist dagegen seltener zu erkennen, ob das Interior Design von einem Mann oder einer Frau stammt.
Marco Smith: Natürlich gibt es einen Haufen Klischees, die gerne bedient werden. Landhaus-Idylle und Industrie-Chic treffen Nerven, die sicherlich auch etwas mit Geschlechterrollen zu tun haben. Bei der Ausgestaltung eines Raumes sollten jedoch unterschiedliche Fragen berücksichtigt werden, die größtenteils nichts mit Geschlechterabgrenzung zu tun haben. Wäre es die Aufgabe, eine „typisch männliche“ Einrichtung zu gestalten, wäre das sicherlich möglich. Meistens ist die Aufgabe aber wesentlich vielschichtiger.
Viele behaupten, dass sich Frauen eher um die Details kümmern, während Männer sich für das „Grobe“ interessieren. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Gibt es ein typisches Einrichtungselement, nach dem der Mann immer fragt?
Viki Kitzig: Wie bereits erwähnt, würde ich durchaus von einem solchen spezifischen Verhaltensmuster sprechen. Tendenziell plädieren Männer für technische Highlights, Frauen für ästhetische. Ganz allgemein spielen allerdings die jeweiligen Interessen der Person bei dem Engagement der Inneneinrichtung eine große Rolle.
Marco Smith: Wenn ich hier eine geschlechterspezifische Feststellung machen kann, dann wohl noch am ehesten die, dass ich mit Frauen eher atmosphärische, mit Männern eher funktionale Themen diskutiere. Oft kann ich Männer mit einem individuell gelösten Gimmick, z. B. einem speziellen Kabelauslass, einer „geheimen“ Schublade oder etwas Recyceltem aus der Bauphase begeistern. Da spricht dann aber wohl eher das Kind im Manne.
Wie sieht es bei der Entscheidung für einen Boden aus: Achten Frauen auf andere Eigenschaften oder Qualitätsmerkmale als Männer?
Viki Kitzig: Bei den Bodenbelägen treten verschiedene Aspekte in den Fokus. Zum einen gibt es die pragmatischen Überlegungen zu den Kosten und der Pflege. Zum anderen spielt die Ästhetik und Optik eine große Rolle. Bei Paaren übernimmt, je nach Typus, jeweils einer den einen, der andere den anderen Part. Tendenziell halten sich Männern eher an die harten Fakten und Frauen haben ein Gesamtbild vor Augen, da auf den neuen Fußboden meist auch noch ein neues Sofa, Sessel oder Ähnliches folgt.
Marco Smith: Sicherlich hat jeder Kunde seinen eigenen Fokus auf bestimmten Eigenschaften, wie Kosten, Beständigkeit oder Nachhaltigkeit von Materialien. Aus meiner Erfahrung ist dieser Fokus aber weniger vom Geschlecht abhängig. Hauptsächlich achtet derjenige, der bezahlt, auf das Geld und derjenige, der pflegt, auf die Beständigkeit.
Abschließend würden wir gerne wissen, wie es gelingt, den optimalen Ausgleich zu schaffen und eine Atmosphäre zu kreieren, in der sich Mann und Frau gleichermaßen wohlfühlen. Gibt es da so etwas wie DAS Geheimrezept?
Viki Kitzig: Das Geheimrezept für mich als Architektin lautet Erfahrung und Einfühlungsvermögen. Bei der Umsetzung eines Kundenwunsches ist man immer in der Rolle des Mittlers und Vermittlers. Generell sollte man so eng wie möglich gemeinsam mit den Kunden die Planung des Interior Designs gestalten – auch um die größtmögliche Schnittmenge aller Beteiligten zu finden. Abschließend würde ich behaupten, dass im privaten Bereich insgesamt betrachtet heute noch immer ein geschlechterspezifisches Rollenverhalten zu beobachten ist. Zwar lockert sich das zunehmend, doch es spielen, wie in allen gesellschaftlichen Bereichen, Rollenbilder, Erziehungsstrukturen und Gesellschaftsnormen eine übergeordnete Rolle. Andererseits sollten wir gerade als Frauen überlegen, ob wir auf diesen vermeintlichen Hoheitsanspruch in puncto Inneneinrichtung überhaupt wirklich verzichten wollen.
Marco Smith: Diese Herausforderung haben wir auch beispielsweise bezogen auf die Frage, ob ein Raum nicht nach ein paar Jahren altmodisch wirkt, oder ob er nicht durch ein paar falsch gewählte Dekorationen oder Bilder seine Atmosphäre verliert. Sicherlich kein Geheimrezept, aber zumindest ein gutes Werkzeug hierfür ist vielleicht die Ernsthaftigkeit, mit der wir uns unserer Arbeit widmen. Ein Raum, der eine Idee in sich trägt, der funktional ausgearbeitet und atmosphärisch dicht ist und der mit und nicht gegen seine Einflüsse und Anforderungen entsteht, hat immer einen eigenständigen Charakter. Damit fühlen sich aus meiner Erfahrung Frauen wie Männer wohl.
Frau Kitzig, Herr Smith, wir danken Ihnen sehr für diese spannenden Einblicke und das Teilen Ihrer Erfahrungen zum typisch männlichen und weiblichen Interior Design.
Für alle, die sich noch mehr inspirieren lassen wollen, empfehlen wir einen Blick in unsere vielfältigen Designs:
www.project-floors.com
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Viel Spaß beim Stöbern wünscht
Ihr PROJECT FLOORS Team